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1. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 9

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Die Anfänge der Völkerwanderung. 9 Genaueres als' über den Götterglauben unsrer Vorfahren wissen wir über die Mythologie der nordischen Germanen, wie sie in der Edda zusammengefaßt ist. Dort nannte man den obersten Gott Odhin; er feiert in seiner Burg Walhalla fröhliche Gelage mit den erschlagenen Helden, welche die Walküren, die Schlachtjungfrauen, zu ihm emporgetragen haben. Seine Gemahlin heißt Frigg; neben ihr kannte man die liebreizende Göttin Freya. Man erzählte ferner von dem jugendlichen Balder, dem Frühlingsgott; wie die lange Winternacht jährlich gleichsam den Sommer besiegt, so wird Balder von seinem blinden Bruder Hödur erlegt, den Loki, der Gott des Bösen und der Lüge, dazu angestiftet hat. Lokis Tochter hieß Hel, die finstere Todesgöttin, in deren trübseliges Reich alle die hinabsteigen, welche nicht den Tod des Kriegers auf dem Schlachtfelde sterben. In einem letzten Kampfe, so glaubte man, würden die Götter den Riesen unterliegen und die Welt untergehen; aber aus dem furchtbaren Brande werde eine bessere Welt erstehen. Neben diesen Göttern kannten und verehrten- die Germanen noch die unendliche Menge der Elben (nord. Elfen), die in Haus und Feld, Wald und Heide hausen, der Nixen, die in den Fluten wohnen, der Zwerge, welche die Metallschätze des Erdbodens behüter>^ 2. Die Zeit der Völkerwanderung. Tie Anfänge der Völkerwanderung. § 8» In den römischen Grenzlanden waren römische Städte ent- Me standen, z. B. Köln, Mainz, Trier, das zeitweise die Residenz römischer Kaiser war und noch heute mächtige Ruinen römischer Bauten besitzt, sodann in den lanbe' Donauländern Augsburg, Regensburg, Salzburg, Wien. Es hatte sich an Rhein und Donau römisches Leben und römische Kultur angesiedelt; n. a. waren auch die ersten Weinreben am Rhein gepflanzt worden. Mit den Germanen trat man in Handelsverkehr. Man kaufte von ihnen Pelze, Gänsefedern, Haare, mit denen sich römische Frauen schmückten, und Bernstein, der seit alters von der Nord- und Ostseeküste nach Südeuropa gebracht wurde: dafür erhandelten die Germanen Schmucksachen, Waffen und Wein. Allmählich kam es immer häufiger vor, daß Germanen einzeln oder in Friedliche Haufen über die Grenze wanderten. Je mehr die Bevölkerung wuchs, destotnun^ mehr fehlte es ihnen an Ackerland; die Landnot der Germanen ist eine

2. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 8

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
8 Deutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919. Vormundschaft des Vaters, des Bruders oder des Gatten; die Ehe wurde noch in der Form des Brautkaufs geschloffen; der Frau bürdete man die wirtschaftliche Arbeit auf. Aber als Hausherrin und Mutter ward sie dennoch hochgeachtet; Frauen übertrug man gern ein priesterliches Amt; etwas Heiliges und Ahnungsvolles schrieben die Germanen, wie der römische Geschichtschreiber Tacitus berichtet, dem Weibe zu. glaube' § Der Götterglaube der Germanen. Ihren Göttern errichteten die Germanen keine Tempel, sondern beteten sie in uralten, heiligen Hainen an; auch machten sie von ihnen keine Bilder. Sie opferten ihnen Feldfrüchte und Tiere, besonders Rosse, aber auch Kriegsgefangene. Sie verehrten einen Gott des Himmels und des Sturmwinds, Wodan (Wuotcrn). Er ist der Allvater und Götterkönig. Einäugig, mit breitem Hut und weitem, blauem Mantel fährt er auf weißem Wolkenroß durch die Lüfte; Hunde umbellen ihn, Raben flattern um ihn her. Er ist ferner der Totengott, der im Innern der Berge über die Toten herrscht. Er hat aber auch die Schriftzeichen der Runen erfunden, denen man Zauberwirkung zuschrieb. Ihm war der Mittwoch heilig (Wodanstag, engl. Wednesday). Reste des Wodansglaubens finden sich in der Sage vom wilden Jäger, der zur Nachtzeit mit dem wilden Heer durch die Lüfte fährt. Wodans Gattin ist Freija, die Beschützerin der Ehe und der Familie, welche die Schlüssel des Hauses an der Seite trägt; der Freitag ist ihr geweiht. Auch sie lebt in der Sage fort als Frau Holle, d. i. die Holde, welche bei Schneefall die Betten schüttelt und das fleißige Mädchen mit Gold, das faule mit Pech überschütten läßt, oder als Frau Berchta oder Bertha, die zur Zeit der geheimnisvollen Zwölfnächte (um Neujahr) in langwallendem Schleier durch die Lande zieht. Von der Erdgöttin Nerth u s erzählt uns der römische Geschichtschreiber Tacitus: sie wohnt auf einer Meeresinsel in einem heiligen Hain; zu bestimmten Zeiten fährt sie, Frieden und Freude verbreitend, auf einem Wagen, den heilige Kühe ziehen, durch die Lande. Der einarmige Ziu, nach dem der Dienstag den Namen hat, war der Gott des Krieges. Der Gewittergott ist Donar, der mit dem Hammer bewaffnet ist und auf dem rollenden, von Böcken gezogenen Donnerwagen dahinstürmt. Er galt den Germanen zunächst für den Vorkämpfer der lichten Götter, der Äsen, gegen die Riesen, wilde Naturgewalten, die mit immer erneutem Angriff die göttliche Ordnung und Sitte bedrohen; je mehr sie aber in den kommenden Jahrhunderten aus Kriegern zu einem Bauernvolke wurden, desto mehr wurde Donar, der den Regen sendet, zum Beschirmer der Fluren und des Ackerbaus.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 156

1911 - Erfurt : Keyser
— 156 — Seite das schwedische Wappen, aus der anderen das Brustbild des Königs mit dem Lorbeerkran;. (Nach Pros. Alsr. Kirchhosf.) 50. Schwedens Königin in Erfurts [Dauern. 1 Aufenthalt: Zweimal hat Marie Eleonore in Erfurt geweilt. Das erste Mal erschien sie wenige Monate nach ihrem Gemahl. Es war am Shloestertage 1631, als sie ohne großes Gefolge zum Schmidtstedtertor hereinfuhr. In das Begrüßungsgeläut der großen Glocke mischte sich der lernte Donner der Wallund Burggeschütze. Aber auch die Bürgerschaft, die mit der Garnison Spalier in den Straßen bildete, jubelte ihr freudig entgegen. Die „hohe Lilie", der Stadt vornehmstes Absteigequartier, öffnete der Königin die gastlichen Pforten. Sie bewohnte dieselben Gemächer, die kurze Zeit vorher ihren Gemahl beherbergt hatten. Am Neujahrstage besuchte die Königin den Gottesdienst im Dom. Mit der Krone aus dem Haupte und umgeben von ihrem Gesolge, stieg sie die 70 Graden zu dem prächtigen Gottes hause empor. Da aber ihr Herz sie drängte, dem geliebten Gemahl entgegenzueilen, reiste sie schon am andern Tage nach Franken weiter. Doch trotz des kurzen Aufenthaltes hatten die Erfurter die Königin liebgewonnen; sie erblickten in ihr den Schutzengel der Stadt. 2 Aufenthalt: Im Oktober desselben Jahres kehrte sie noch einmal mit ihrem Gemahl nach Erfurt zurück. Gustav Adols wollte feine Gemahlin nicht dem unberechenbaren Geschick einer Feldschlacht aussetzen und Hatte darum Erfurt zu ihrer Residenz auserfeheu. Er selbst weilte nur für kurze Zeit (28. bis 30. Oft.) in der Stadt. Nachdem er fein Heer in wenigen Tagen auf dem ausgedehnten Johannesfelde geordnet hatte, zog er mit ihm nach Sachsen weiter. Am Dienstag, den 30. Oktober, drückte Marie Eleonore den letzten Kuß auf die Lippen ihres heißgeliebten Gemahls, der ungesäumt der großen Entscheidungsschlacht entgegenzog. Kaum war der König aufgebrochen, da verlegte die Königin ihren Wohnsitz von der „hohen Lilie" nach dem Anger, wo seit Jahresfrist der schwedische Statthalter residierte. Sie erwählte das Hans zum „schwarzen Löwen" (Anger 11), unmittelbar neben der Stattbalterei (Anger 10, Haus zum „weißen Löwen") gelegen und mit ihr durch einen Durchbruch verbunden, zur Wohnung. Tage von der Ankündigung des Todes Gustav Adolfs: Sieben Tage waren seit der schmerzlichen Trennung von ihrem Gemahl vergangen. Wieder war es ein Dienstag (6. November), und so trübselig grau, wie an diesem Nebeltag die Wolken herniederhingen, so bekümmert war das Herz der Königin. Ihre Gedanken weilten bei ihrem Gemahl, den sie in grausamer Feldschlacht glaubte. Frühzeitig senkte sich nächtliches Tun-

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 181

1911 - Erfurt : Keyser
— 181 — nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken. (Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.) 63. Schiller in Erfurt. Zugult und September 1791. 1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals. Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren. Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen. Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 259

1911 - Erfurt : Keyser
- 259 — der ein Name, noch irgend eine Inschrift eingegraben, nur die Kaiserkrone ist auf der halbrunden Fläche der Vorderseite angebracht. Was braucht es auch eine rühmende, lobpreisende Inschrift für diesen gütigsten Mann, der je aus einem Fürstenthrone gesessen, was sollen üppige Wappenzierden und prunkende Siegeszeichen am Gedächtnismale unseres alten, weisen Kaisers? — Auch ohne Sieger- und Herrscherpracht bleibt er in unseren Herzen und Gemütern leben als des jungen Deutschlands erster, großer und gütiger Kaiser! — K. Lürtziug. 100. Kailerbeluche in Erfurt, a) Besuch der Kaiserin flugufta. Noch ehe Kaiser Wilhelm I. selbst einmal Erfurt mit seinem Besuche beehrte, traf seine Gemahlin zur Besichtigung der „Allgemeinen Deutschen Gartenbau-Ausstellung" ein (September 1876). Leider war es ein regnerischer Septembertag, an dem die Kaiserin die festlich geschmückte Stadt unter Glockengeläute und Kanonendonner durchfuhr. Die Schulkinder halten zur Begrüßung in den Straßen Aufstellung genommen. Auf den Domstufen bildeten die weißgekleideten und mit Blumenkränzen geschmückten Schülerinnen der Mittelschule ein großes A, während die Knaben die Zwischenräume füllten. Als aber der Wagen der Kaiserin herankam, liefen alle in großer Freude die Stufen herunter, um der hohen Frau ihre Huldigung darzubringen. Beim Eintreffen auf dem Ausstellungsplatze, dem Nordabhang der Friedrich Wilhelmshöhe, teilten sich die schweren Wolkenmassen. Die Sonne brach machtvoll durch und bestrahlte das Häusermeer der Stadt. Da konnte sich die Kaiserin nicht enthalten auszurufen: „O, wie prächtig ist es hier! Und daß gerade jetzt ein Sonnenblick die Gegend erhellt! Wie trefflich ist dieser Platz für die Ausstellung gewählt!" — Die zur Ausstellung benutzte Oertlichkeit wurde im Jahre darauf in einen Park umgewandelt, welcher mit Zustimmung der Kaiserin den Namen „Angnstapark" erhielt. Die in ihm aufgestellte Säule, welche ein Adler krönt, ist ein Gefchenk der Kaiserin. b) Kaiser Wilhelm I. in Erfurt. Die Bekanntgabe des Besuches Kaiser Wilhelms I. in unserer Stadt versetzte die gesamte Bürgerschaft in helle Freude. Wohl war der Kaiser als junger Prinz mehrmals mit seinem Vater in Erfurt gewesen, auch hatte er in den Jahren 1831 und 1851 für längere Zeit hier geweilt, aber seit dieser Zeit nicht wieder. Schon lange vor dem 20. September 1883, dem Tage der Ankunft, waren viele Hände tätig, die Stadt festlich zu schmücken. Selbst der Aermste unterließ es nicht, sein bescheidenes Heim zu 17'

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 62

1911 - Erfurt : Keyser
— 62 — Bald offenbarte sich an der frommen Landgräfin mehr und mehr eine göttliche Kraft. Sie heilte Kranke durch das Auflegen ihrer Hände, machte Blinde fehend und richtete gekrümmte Glieder wieder gerade. Ein Heilmittel, von ihrer Hand gereicht, verfehlte nie seine Wirkung. Daher begann das Volk sie als einen auserwählten Liebling Gottes zu verehren und an ihre Wunder zu glauben. Es fehlte nur noch das Märtyrertum, um sie als Heilige anzubeten, und auch das blieb nicht aus. Nach dem Tode ihres Gemahls wurde Elisabeth von ihrem Schwager, dem Landgrafen Heinrich Raspe, vertrieben und mußte die Wartburg verlassen. Sie wandte sich nach Marburg und wohnte zunächst in einer armseligen Bauernhütte. Später gründete sie von ihrer Mitgift ein Armen- und Krankenhaus und übte in ihm alle Werke der Barmherzigkeit. Auch ertrug sie mit himmlischer Geduld alle Qualen und Peinigungen, welche ihr der Beichtvater Konrad von Marburg auferlegte. Erst 24 Jabre alt, verschied sie am 19. November 1231, laut beklagt von allem Volke. Da sich aber bald die Kunde von allerlei Wundern verbreitete, die während der Leichenfeier und an ihrem Grabe geschehen sein sollten, so erfolgte am Psingsttage 1234 durch Papst Gregor Ix. die Heiligsprechung Elisabeths. (Nach L. Sechstem.) 19. Die Sage von der (31eichenfchen Doppelehe. Ludwig (andere nennen ihn Ernst), Graf von Gleichen, nahm teil an dem Kreuzzuge, dem sich Ludwig der Heilige, Landgraf von Thüringen, unter dem Banner Kaiser Friedrichs Ii. angeschlossen hatte. Graf Ludwig war am Thüringer Landgrafenbofe ritterlich erzogen worden und soll mit einer Gräfin von Orlamünde vermählt gewesen sein, die ihm zwei Kinder geboren. Nachdem Landgraf Ludwig feinen frommen Eifer mit dem Tode gebüßt, folgte Graf Ludwig dem Kaiser nach Accon und blieb zum Schutze der Stadt Ptolemäus zurück. Der Kaiser aber schiffte sich zur Rückkehr ein. Gefangenschaft: Bei einem Ausfalle oder Streifzuge gegen die Ptolemäus umlagernden Sarazenen geriet Graf Ludwig in die Gefangenschaft der Araber. Er wurde an den Sultan Aegyptens verkauft und nach Alcair gebracht. Dort mußte der Graf Harte Sklavenarbeit verrichten. Neun Jahre schmachtete er schon in der Gefangenschaft, als die Tochter des Sultans, welcher Melech-Sala hieß, das ist König des Heils oder Friedens, lebhaft von ihm eingenommen wurde. Aus großer Liebe trug sie ihm an, gemeinschaftlich zu entfliehen, wenn er sie zum Weibe nehmen wolle. Graf Ludwig von Gleichen war aufrichtig genug, der schönen Sarazenin seinen Stand und seine Herkunft zu entdecken und ihr zu sagen, daß er bereits eine Frau und zwei Kinder habe. Daran fand nun die Jungfrau gar keinen Anstoß, da der mohamedanische

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 171

1911 - Erfurt : Keyser
— 171 fam vor der Abfahrt der kurfürstliche Koadjutor (hoher Geistlicher, der dem Erzbischof beigegeben ist) von Erfurt unvermutet zum Besuche. Der Koch, welcher zu einem Mittagsmahle nichts angeschafft hatte, war in größter Verlegenheit. Götter aber ließ ihm sagen, so lange noch ein Kalb sich finden lasse, dürfe man nicht ängstlich sein; seine Erfindungsgabe werde schon die nötige Anzahl Gerichte daraus zu bereiten wissen. Der Koch ließ das einzige im Stall vorhandene Kalb schlachten und brachte davon nicht weniger als zwanzig Gerichte aus die Tasel, während ein reitender Bote beim Herzog in Gotha eiligst den Besuch absagen mußte. — Bald zog eine Jagdgesellschaft unter Hörnerklang zum Tor hinaus, bald hallte der Park wieder von der derben Fröhlichkeit zusammengerufener Dorfbewohner, an deren Treiben sich die Schloßgefellfchaft ergötzte. Bei solch ausgelassener Freude wurde mancher unsinnige Scherz getrieben. So wurde einmal gewettet, daß ein Molsdorser Danerlänser den Weg nach dem 50 Stunden entfernten Hannover in 36 Stunden hin- und zurückkaufen werde. Die Wette wurde gewonnen, aber der Läufer brach bei der Rückkehr vor dem Dorfe tot zusammen. Der Einsiedler-Orden: Manches würden uns die alten Bäume, wenn sie plaudern könnten, noch zuflüstern von nächtlichen Sommergelagen und Göttersesten, vom Spiele der Reisröcke und Edelleute, der Schäfer und Schäferinnen, sie würden uns auch berichten, von den Versammlungen der Mitglieder des Einsiedleroder Eremiten-Ordens. Die feingebildete und sittlich reine Fürstin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha veranlaßte ihren Gemahl, den „Ordre Bes Hermites de bonne humeur“ zu gründen. „Weil die Freude am meisten zur Gesundheit beiträgt", sollte in dieser Vereinigung nach dem Wunsche der Fürstin nur die Freude gepflegt werden, die reine Freude, die ungetrübtes Glück bringt und frohe Erinnerung zurückläßt. Mit dem Rufe „Vive la joie“, dem Wabl-fprnch des Ordens, begrüßten sich seine Mitglieder auch in Mols-dors, dessen Besitzer ihm angehörte. Im braunen Seideugewande mit Gürtel, den Strohhul mit rosa Bändern geschmückt, aus der Brust das Ordenszeichen mit der Devise (Wahlspruch) „Vive la joie“ und in der Hand einen rosasarbig gebänderten Schäserstab, so erschienen Damen und Herren als Schwestern und Brüder ohne Rangunterschied zur verschwiegenen Freudenfeier bei Schmaus, Spiel, Gesang und Tanz. Die Unterhaltung wurde in französischer Sprache geführt, und jedes Mitglied erhielt einen sein Wesen bezeichnenden, französischen Namen. Götter war „Frere tourbillon“ «Bruder Sausewind). Mit dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges erlosch dieser lustige Orden. Seine Devise aber und manche wunderliche Erzählungen über das Treiben seiner Mitglieder leben noch im Volke, und unter den Frauenbildnissen, die dem Damenzimmer im Molsdorser Schlosse den Namen gegeben, ist heute noch das Bildnis der Herzogin Luise Dorothea in der Tracht des

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 187

1911 - Erfurt : Keyser
— 187 — ^ Heil Dir im Siegerkranz" gesungen. Nach Beendigung des Gesanges brach die Begeisterung der Versammelten mit stürmischer Macht hervor. Die Majestäten waren darüber so ersreut, daß sie sofort ihrer Freude und Zufriedenheit durch den Gouverneur von Wartensleben mündlich Ausdruck geben ließen. Am folgenden Morgen fand dann eine Parade der Garnison statt. Darauf begaben sich die Majestäten zur Predigerkirche, um dem Orgelspiel des damals berühmten Organisten dieser Kirche zu lauschen. Da der Zutritt jedermann gestattet war, so versammelten sich bald zahlreiche Bürger, um den König und die Königin noch einmal ungestört und nahe von Angesicht zu sehen. Der Liebreiz der hohen Frau und die freundliche Anmut ihres Wesens gewannen ihr aller Herzen. Dazu kam, daß eine Königin den Erfurtern etwas Neues war. Unter der geistlichen Herrschaft von Mainz hatten sie wohl einen Landesvater, aber keine Landesmutter gehabt. . Nachmittags begaben sich die hohen Herrschaften uut ihrem Gesolge und in Begleitung des Herzogs Karl August von Weimar in den Dreienbrunnen und verweilten in dem mit schönen Anlagen versehenen Garten der verwitweten Frau Hosrat Weißenborn bis zum kühlen Abend (Gedenkplatte im Luisenpark). Am frühen Morgen des 28. Juni erfolgte in aller Stille die Abreise des Königspaares (s. auch Bild im Rathaus: Huldigung der Stände). (Nach Coust. Beyer u, Lossius.) 66. Vor und nach der Jenaer Schlacht in Erfurt. Allerlei Vorbereitungen: Seit Anfang August 1806 war in Erfurt alles voll gespannter Ausmerksamkeil. Die kriegerischen Anstalten wurden immer ernstlicher. Eine Menge Schanzer arbeitete fortgesetzt an den Festungswerken, und eifrig wurden Schanzpfähle gesetzt. Alles zeigte an, daß der Kriegsschauplatz in Ersnrts Nähe kommen würde. Gerüchtweise verlautete, daß die Franzosen mit einem Einsalle in Thüringen drohten und schon an der Grenze von Meiningen ständen. Von Tag zu Tag zogen mehr Soldaten in die Stadt ein. Alle herrschaftlichen Böden und leerstehenden Gebäude wurden mit Getreide und Futtermitteln gefüllt. Der Kreuzgang der Predigerkirche wurde zum Pferdestall eingerichtet und die Prediger-Knaben-schnle in ein Vorratshaus umgewandelt. Oft war das Truppengewühl in der Stadt so groß, daß die Bürger Mühe hatten, sich durchzudrängen. Der König nebst Gemahlin und säst alle kommandierenden Generale waren in Ersnrt eingetroffen. Mit besonderer Ehrsnrcht betrachteten Die Ersnrter Bürger den Herzog von Braunschweig und den alten Helden Blücher.

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 64

1911 - Erfurt : Keyser
— 64 — Monate nach ihr schied auch die deutsche Gräfin, welche ihrem Gemahl noch drei Kinder geschenkt hatte, aus dem irdischen Leben. Sie wurde ihrer vorangegangenen schwesterlichen Freundin zugesellt. Der Graf selbst verschied im 60. Lebensjahre, und seine Kinder, zwei Söhne und drei Töchter, ließen ihn zwischen den beiden Frauen bestatten, auch für alle drei einen herrlichen Grabstein künstlich Herrichten, darauf ihre Bildnisse zu ersehen sind. Später ist ihr Stein vom Skt. Petri-Berge herabgebracht und im Dome zu Ersurt ausgerichtet worden, ein redender Sagenzeuge sür alle kommenden Jahrhunderte. (Nach L. Bechstein.) 20. Der Kinderfcmz. Von Erfurter Sagen ließe sich allein ein Buch süllen; es gibt deren sehr viele, sehr schöne und sehr schaurige. Ersurt, des Thüringer Landes uralte Hauptstadt, ward früh von der Poefie geküßt und bekränzt. a) Schon im Jahre 1212 war eine wunderbare Erregung unter die Kinder in Thüringen und Sachsen gekommen. Ein Knabe wandelte durch Städte und Dörfer und sang ein Kreuzlied. Sein Inhalt war, Christus wolle ihnen sein heiliges Kreuz, das noch in Türkenhänden fei, zu eigen geben. Da faßte alle Knaben, die ihn fingen hörten, eine Betörung, das Kreuz zu erobern. Sie traten in großen Haufen die Reise gen Jerusalem an, und weder gute noch böse Worte, weder Bitten noch Banden, weder Sanftmut noch Schläge hielten sie zurück. Die Mehrzahl der armen Kreuzfahrer kam schon in den Schweizer und Tiroler Alpen durch Frost und Hunger um, und die so glücklich waren, Schiffe zu erreichen, verdarben durch Sturm und Wellen. b) Im Jahre 1237 am 15. Juni ereignete sich eine gar wunderbare Begebenheit. Ueber 1000 Erfurter Kinder vereinigten sich zu einem großen Reigen. Sie zogen durch das Löbertor dem Steiger zu und die Höhe auf dem alten Wege hinan, über Waltersleben, Eischleben, Ichtershausen und Rudisleben, immer tan zend und singend. Gegen den Abend kamen sie sehr müde nach Arnstadt, wo sie von den Bürgern, die gar nicht wußten, was dieser Kinderzug bedeuten solle, ausgenommen wurden. In Ersurt aber entstand Schrecken und Jammer, denn in zahllosen Häusern wurden die Kinder vermißt. Niemand wußte, wo sie geblieben und wohin sie gekommen waren, bis die Botschaft von Arnstadt kam, daß die Kinder dort seien. Da wurden am andern Morgen viele Wagen angespannt und die Kinder wieder geholt. Den Arn-städter Bürgern wurde viel Dank gesagt, auch eine Spende in den Dom gestiftet. Niemand aber wußte zu sagen, was die Kinder verleitet, so weit fortzuziehen ohne Urlaub und Wegkunde. Auch blieben viele dieser Kinder hernach bleich und krank und zitternd, waren stets müde und hinfällig. Ihr Tanz war eine Volkskrank-

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 20

1911 - Erfurt : Keyser
— 20 — In demselben Jahre wurde Heinrich Ii. zum Herrscher von Deutschland erwählt und vom Erzbischos Willegis von Mainz gekrönt. Er kam zur Huldigung nach Thüringen, wo er von den Thüringer Edlen unter der Führung des Grafen Wilhelm von Weimar und Orlamünde aufs ehrerbietigste begrüßt wurde. Erfreut darüber, übertrug er dem Grasen Wilhelm die Herrschaft in Thüringen und erließ den Thüringern den bisher gezahlten Schweinezins. Später wurden die Grasen von Weimar unter Wilhelm Ii., dem Solme des vorigen, auch Markgrafen von Meißen. Aber auch dem neuen Geschlechte gelang es nicht, die ausschließliche Herrschaft über Thüringen zu gewinnen. Zu dieser Zeit war die Besiedlung des Landes noch sehr ge ring. Sie erstreckte sich nur aus die flachen Täler des mittelthü-ringischen Beckens, der Werra und Saale. Große Teile des Landes waren noch mit Wald und Sumpf bedeckt und das Gebirge fast menschenleer. Ter bedeutendste Ort Thüringens war Ersurt. das aber schon unter Mainzer Herrschaft stand. (Nach Julius Koch, Tr. E. Devrient n. a.) ö. Die Religion der alten Chüringer. Tie Altthüringer waren Heiden wie alle Germanen. Sie dachten sich die Natur von unsichtbaren, lebenden Wesen bewohnt, die ihnen teils freundlich, teils unfreundlich gesinnt waren, und verehrten sie in Hainen, an Quellen und aus Höhen. Hier opserte der Hausvater sür die Familie oder der Edeling sür die Völkerschaft Feldfrüchte, Rinder und Pferde, um die guten Götter dem Spender wohlwollend zu erhallen, die bösen aber günstig zu stimmen. Tem Opfer folgte immer die Gilde oder der Opferfchmaus. Wodan: Gleich den übrigen Germanen verehrten die Alt- thüringer in Wodan den Göttervater und den Gott Himmels und der Erde. An ihn erinnern in unserer Gegend noch die Ortsnamen Utzberg (urkundlich Wodanesberg) und Udestädt. Möglich ist auch, daß der Name des Erfurter Abgottes Wage, dessen geweihte Eiche der Sage nach von Bonisaeins gefällt wurde, ein: Verunstaltung des Namens Wodan ist. Zur Zeit des Erntefestes opferten unsere Vorfahren dem Göttervater in der Wawet (Steigert am Ufer der Gera Rinder, Eber und Gänse und zündeten Fackeln und Lichter zu seiner Ehrung an. Diese Gebräuche haben sich in den Kirmesschmäusen und Martinsfeiern bis auf unsere Tage ertasten. Nach Einführung des Christentums wurde Wodan zum wilden Jäger und zum Knecht Ruprecht (hrudperat = der Ruhmglänzende, ein Beiname Wodans). Auch glaubte man statt seiner in den Wodensbergen berühmte Helden und Kaiser wohnen, so Friedrich Barbarossa im Kysshäuser, den eine alte Urkunde als Wodensberg bezeichnet. Unter den christlichen Heiligen wurde der reitende Skt. Martin mit dem Mantel, an dessen Kalendertage
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